Faszination und Respekt vor dem Start

Die personellen Puzzle-Teile für das The Ocean Race stehen beim GUYOT environnement – Team Europe, doch wie genau sie auf den sieben Etappen um die Welt zusammengesetzt werden, das ist noch nicht für jedes Teilstück exakt festgelegt. Die beiden Co-Skipper Robert Stanjek und Benjamin Dutreux setzen für das Welt-Etappen-Rennen, das am 15. Januar in Alicante/Spanien gestartet wird, auf die Basis aus dem sieggreichen Auftritt beim The Ocean Race Europe 2021. Dazu haben sie die Crew in der konsequenten Fortführung ihrer Team-Idee verstärkt und europäische Segler mit einem breiten Spektrum an Fähigkeiten zusammengebracht. Neben Dutreux und Stanjek bilden Annie Lush, Támara Echegoyen, Sébastien Simon und Phillip Kasüske das Sextett für das Rennen, das mit einer weiteren Seglerin als Back-Up ergänzt wird.

„Wir haben unsere Hausaufgaben in der Teamzusammenstellung früh und gut gemacht, sind stolz darauf, welche Qualitäten wir an Bord haben“, sagt der Berliner Robert Stanjek. Die Arbeitsteilung zwischen dem 41-Jährigen und Benjamin Dutreux (32) wird wie im The Ocean Race Europe erfolgen: „Ben legt die navigatorische Strategie fest. Da vertraue ich ihm komplett. Über die Grundidee werde ich das Risikomanagement legen und auf die anderen Teams reagieren.“ So werden die Erfahrungen des Vendée-Globe-Seglers Dutreux und des Olympia-Seglers Stanjek zusammengeführt.

Mit Sébastien Simon (32) hat Benjamin Dutreux einen langen Weggefährten und erfahrenen Imoca-Segler an seiner Seite, der ihn vor den Etappen in der Strategie-Festlegung unterstützt und im Nachgang auch die Performance-Analyse übernehmen wird. Zudem wird Simon in einigen Etappen für Dutreux an Bord kommen und als Co-Skipper neben Stanjek agieren. „Ich bin mit Seb zwar noch keine Regatten gesegelt, aber die Arbeitsteilung sollte genauso funktionieren wie mit Ben.“

Alle Strecker, Fallen, Schoten an Bord hat Annie Lush im Blick. Die 42-jährige Britin wird aus der Yacht die letzten Prozentpunkte an Leistung herauskitzeln. Ihre Erfahrung aus zwei Weltumseglungen im Rahmen des Volvo-Ocean-Races wird zudem auf den langen Etappen einen wichtigen Input für das Teamgefüge geben. „Annie ist ein ganz entscheidender Baustein in unserem Teamgefüge“, sagt Stanjek. Doch als junge Mutter wird sie nicht zu allen Etappen an Bord sein und dann von Támara Echegoyen ersetzt. Die 38-jährige Spanierin hat ebenfalls Erfahrung aus dem Volvo-Ocean-Race und wird sich schnell in das Team einfügen. „Támara ist eine Performance-Seglerin, die alles aus dem Boot herausholen wird“, ist Stanjek überzeugt.

Die Kraftzentrale im GUYOT environnement – Team Europe bildet der 28-jährige Phillip Kasüske. Der Berliner wird am Grinder seine Power einsetzen und in Zusammenarbeit mit Stanjek an der Kurbel für die benötigten Pferdestärken sorgen. In den Manövern ist er zudem mit Benjamin Dutreux der Erste auf dem Bug, Robert Stanjek rückt nach, wenn eine zusätzliche Hand benötigt wird.

Daneben ist die Beobachtung der Bord-Systeme aufgeteilt. Mechanik und Hydraulik liegen im Verantwortungsbereich von Phillip Kasüske, die Elektronik bei Benjamin Dutreux, das Rigging-System bei Robert Stanjek und die Segel bei Annie Lush.

„Die Aufteilung der Aufgaben ist aus dem The Ocean Race Europe erprobt. Das Kernteam kennt sich gut. Das ist sicher einer unserer Pluspunkte“, sagt Stanjek. Auch die Zusammenarbeit mit Onboard-Reporter Charles Drapeau wird reibungslos laufen: „Charles ist nicht nur ein guter Segler und Ingenieur, er kennt auch das Boot bis ins Detail. Er weiß genau, wie er bei seiner Arbeit agieren muss.“

Mit der eingespielten Teamaufstellung wird die Mannschaft am 15. Januar (16 Uhr MEZ) auf die erste Etappe über 1900 Seemeilen von Alicante nach Mindelo on São Vicente auf den Kapverden gehen. Dort wird Sébastien Simon für Benjamin Dutreux übernehmen und mit Robert Stanjek und Phillip Kasüske sowie einer Seglerin, die noch nominiert wird, nach Kapstadt segeln. Und im Southern Ocean von Kapstadt nach Itajaí/Brasilien wird mit Benjamin Dutreux, Sébastien Simon und Annie Lush neben Robert Stanjek die geballte Imoca- und Ocean-Race-Kompetenz des Teams auf die Mammut-Etappe dieses Rennens gehen. „Itajaí wird der Wendepunkt des Rennens werden. Bis nach Brasilien geht es darum, heil anzukommen. Danach werden die Teams pushen. Wie die Positionen in der zweiten Hälfte des Rennens besetzt werden, wird sich noch zeigen. Die Schlüsseletappe wird das doppelt gewertete Teilstück von Newport nach Aarhus sein“, so Stanjek.

Bis dahin soll die Lernkurve des GUYOT environnement – Team Europe weiter nach oben gehen. Stanjek: „11th Hour Racing ist das Team mit dem meisten Training. Die US-Mannschaft wird sicherlich am stärksten aus den Startblöcken kommen. Aber das Rennen ist lang. Die Stärke der anderen Mannschaften einzuschätzen, ist kaum möglich. Natürlich kennen wir viele Namen, aber das Zusammenspiel wird entscheidend sein. Und da ist die Vorbereitung für fast alle sehr kurz gewesen. Wir setzen auf eine flache Hierachie und eine offene Kommunikation, so dass wir schnell zusammenfinden sollten.“ Für den Berliner ist das The Ocean Race nach der Olympia-Teilnahme 2012 die Erfüllung eines weiteren Segeltraums, bei dem er möglichst alle Etappen segeln will: „Ich fühle mich körperlich gut. Die mentale Belastung bei diesem Rennen muss ich noch erleben. Ich bin guter Dinge, aber auch voller Respekt – gerade vor der langen Etappe im Southern Ocean. Aber gerade die macht auch die Faszination dieses Rennens aus. Deswegen segelt man das The Ocean Race. Es wird eine Wahnsinnsaufgabe mit einer Mischung aus Faszination und Respekt.“

Nach oben scrollen