Riesenfreude beim Offshore Team Germany: Die Crew um Skipper Robert Stanjek hat nach tageleanger Solofahrt im Mittelmeer, nach zähem Ringen um jeden Meter und erfolgreicher Verteidigung eines zwischenzeitlich riesigen Vorsprungs als erster Imoca des The Ocean Race Europe den Zielhafen Genua erreicht. Damit gelang dem Team im Circuit der Offshore-Profiteams der überraschende Etappensieg auf dem 600-Seemeilen-Stück von Alicante/Spanien nach Genua/Italien. In der Gesamtwertung hat das OTG nun die alleinige Führung übernommen, darf sich schon jetzt über einen Podiumsplatz bei der Premiere dieses Rennens freuen, wenn am Samstag nach dem abschließenden Coastal-Race die Siegerehrung in Genua gefeiert wird.
Die Abschlussetappe des erstmals ausgesegelten The Ocean Race Europe öffnete die Tür weit für einen Erfolg des einizigen Nicht-Foilers im Feld der Imocas. Die ausgeprägten Hochdruckwetterlagen im Mittelmeer auf der gesamten Strecke von Alicante nach Genua und damit die leichten Winde machten den vermeintlichen Vorteil der hochmodernen Foiler der Konkurrenz um „LinkedOut“ (Frankreich), „11th Hour Racing“ (USA), „Corum L’Épargne“ (Frankreich) und „Bureau Vallée“ (Frankreich) zunichte. Damit war das Spiel offen, abhängig vom Wetterrouting und den richtigen Karten im Windpoker.
Das Routing von OTG-Navigator Benjamin Dutreux (Frankreich) sah eine Routenführung im Norden der Balearen vor. Und so setzte die Mannschaft der deutschen „Einstein“ sofort nach der Passage der Wegmarke vor Alicante eine Wende und zog in Richtung Küste. Zunächst wählte auch „Corum L’Épargne“ den Weg dicht unter der Küste, entschied sich dann aber, den anderen Imocas auf das offene Mittelmeer zu folgen. Damit öffnete sich bereits kurz nach dem Start die breite Schere zwischen dem OTG und dem Rest der Flotte.
Es war eine bewusste Wahl der zuvor ausgeklügelten Route, keine gewollte Entscheidung für den Split. Dennoch war die „Einstein“ damit auf sich allein gestellt, fand aber im Norden der Balearen den besseren Wind. Während die konkurrierende Flotte zunächst südlich von Mallorca und dann noch mal zwischen Mallorca und Menorca hängen blieb, konnte das OTG-Team den Vorsprung bis zum Mittwochmorgen auf rund 100 Seemeilen ausbauen.
Der Abstand bot indes keine Sicherheit. Und so pushte die Mannschaft ihre Yacht, sobald es der flaue Wind zuließ. Insbesondere die Britin Annie Lush ist eine akribische Arbeiterin am Trimm und forderte ihre Mannschaftskollegen mit Grinder Phillip Kasüske zur ständigen Korrektur der Segel. Kein Meter sollte verloren gehen, die Konzentration niemals schwinden – trotz drückender und teilweise stehender Hitze auf dem Boot. Doch der Vorsprung verdunstete am Mittwoch wie Wasser im Mittelmeer.
Mit mehr Druck kamen die Verfolger auf, aus 100 Seemeilen wurden etwas mehr als 30 Seemeilen Abstand, als die „Einstein“ im Laufe des Mittwochs dicht unter der französischen Festlandsküste kreuzte. Doch in der Nacht wurden auch „11th Hour Racing“ und „LinkedOut“, die mit dem OTG am Samstag um den Gesamtsieg kämpfen, ausgebremst. So war es vor dem finalen Schlag in Richtung Genua am heutigen Morgen ein 40-Seemeilen-Polster, das Robert Stanjek und Crew bei der Peilung auf Genua mitnahmen. Das war für die Konkurrenz nicht mehr aufzuholen. So gab es dann zur Zielankunft um 11:36 Uhr Jubel und Freude an Bord der „Einstein“ – gepaart mit Erschöpfung und Erleichterung nach einer langen, nervenzehrenden Etappe.
Das Renn-entscheidende Coastal-Race wird am Samstag für die Imocas um 12.15 Uhr gestartet. Der Sieger erhält hier drei Punkte für das Ranking, die beiden Verfolger zwei und einen Punkt. In der Gesamtwertung führt das OTG das Klassement mit 14 Zählern und damit einem Punkt Vorsprung an.