In den Roaring Fourties

Das GUYOT environnement – Team Europe ist auf der zweiten Etappe des The Ocean Race in den brüllenden Vierzigern des Südatlantiks angekommen. In der Nacht zum Mittwoch wurde der 40. Breitengrad Süd überschritten. Damit hat sich das Bild der Etappe komplett verändert. Nach der Hitze unter senkrechter Sonne beim Überqueren das Äquators, die auf der schwarzen Yacht nur mit T-Shirts und Shorts zu ertragen war, segelte die Crew mit Skipper Robert Stanjek, Navigator Sébastien Simon, Pit Anne-Claire Le Berre, Bowman Phillip Kasüske sowie Onboard-Reporter Charles Drapeau nun wieder in kompletter Schwerwetter-Kleidung.

Auch sportlich hat sich das Geschehen gedreht. Schmerzhaft musste die Mannschaft in den vergangenen Tagen erleben, wie sich die Führung auf dem östlich angelegten Kurs in einen eklatanten Rückstand verwandelte, da die Konkurrenten im Westen bessere Winde fanden und früher auf das Tief mit Zugrichtung Afrika aufspringen konnten. In der aufgewühlten See des Südatlantiks zeigte sich zudem, dass der Flugmodus auf dem einzigen Imoca älterer Bauart nur schwer auszubalancieren ist. Das Tempo schwankt zwischen großer Beschleunigung und abruptem Abbremsen, wenn die Yacht in die Welle sticht. Damit ist die Durchschnittsgeschwindigkeit deutlich niedriger als bei den anderen Yachten. Doch das GUYOT environnement – Team Europe kämpft weiter und hofft darauf, noch etwas aufschließen zu können, wenn die Flotte ein weiteres Hochdruckgebiet vor dem Etappen-Zielort Kapstadt überqueren muss.

„Wir sind in den brüllenden 40ern“, meldete sich Robert Stanjek am Mittwochmorgen von Bord und beschrieb die Szenerie. „Es ist grauer, kälter und wir sitzen hier mit Mütze. Es ist ein bisschen winterlich. Aber die Sonne geht früh auf. Wir haben zehn Grad an Temperatur verloren innerhalb von zwei Tagen. Aber für mich ist es gut. Die Hitze war zuviel.“

In den vergangenen Tagen hatte die Crew eine Menge Arbeit zu erledigen – für die Wissenschaft, mit der Bootspflege und durch einige Segelschäden. Mit dem Aussetzen einer Drifting-Wetterboje beteiligt sich das GUYOT environnement – Team Europe an den wissenschaftlichen Untersuchungen, die durch das The Ocean Race ermöglicht werden. Die Wetterboje wurde auf Höhe des 20. Breitengrades ausgesetzt. Durch ihren Treibanker wird sie nun mit der Meeresströmung driften und dabei die Temperatur des Oberflächenwassers und den Luftdruck messen. Rechtzeitig vor dem Eintauchen in die kalten Gefilde des Südatlantiks wurden zudem die Fensterdichtungen frisch abgedichtet, die kleine Risse bekommen hatten.

Und dann mussten erneut Segel gerettet und geflickt werden. Nachdem bereits der A2 geplatzt war, stellte die Crew nun ein Loch im A3 fest. Während der FR0 gesetzt wurde, konnte auf dem A3 ein Flicken geklebt werden. Aber gerade als die Reparatur erledigt war, hakte der Kopf des FR0 plötzlich aus. Das Segel fiel ins Wasser und zog sich ebenfalls einen Riss am Foil zu. Mit viel Mühe konnte das Segel geborgen werden.

Der Blick auf den Race-Tracker sorgte zudem nicht dafür, dass die Stimmung weiter stieg. Denn die Konkurrenz in Front konnte im Tiefdruck-Gebiet mehr auf das Tempo drücken. „Wir müssen weiter nach Süden, so schnell es geht. Hinter uns ist das Hochdruckgebiet und wir müssen in den tiefen Druck, um mehr Wind zu haben“, so Sébastien Simon. Mit dem Rückblick auf die vergangenen Tage erklärte der Navigator: „Es ist frustrierend. Die östliche Route war eine gute Option, aber dann konnten wir nicht die Position wählen, die wir wollten. Wir steckten immer wieder unter großen Wolken fest und hatten nicht die Möglichkeit nach Westen rüber zu ziehen und das St. Helena Hoch zu umgehen. Aber das ist Offshore Sailing. Es ist nie zu Ende.“

Die Hoffnung des Teams liegt nun auf einem Hochdruckgebiet, das als große Hürde auf dem Weg der Crews liegt und noch mal eine kleine Chance bietet, um den Rückstand zu verkürzen. Die Moral der Mannschaft ist jedenfalls ungebrochen.

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