Kraftpaket mit Feingefühl am Ruder

Phillip Kasüske ist das jüngste Teammitglied im Offshore Team Germany, derjenige, der die Kraft an Bord bringen soll. Jahrelang hat sich der 26-Jährige den Drill der harten olympischen Finnklasse auferlegt, hat auf das Ziel Tokio 2020 hingearbeitet. Doch als Olympia verschoben wurde und die Chance auf eine Qualifikation für die Spiele nur noch minimal war, hat der Berliner seinen Olympiatraum beendet und sich ganz auf seine neue Aufgabe konzentriert: „Dem OTG-Prjekt gehört meine volle Aufmerksamkeit. Ich kann es kaum erwarten, dass das Rennen bald losgeht. Nach dem langen Winter will ich endlich voll durchstarten.“

Der junge Wilde von „Einstein“, dem OTG-Imoca, soll die PS an Bord bringen. Seine Kraft wird am Grinder gefordert sein, sein Feingefühl allerdings auch am Ruder der Yacht: „Ich habe eine sehr genaue Vorstellung davon, welche körperlichen und athletischen Herausforderungen mich erwarten. Ich bringe diese Physis mit, bin das aus der jahrelangen Arbeit vom Finn gewöhnt. Und ich bin als Jüngster im Team sicherlich auch am Belastbarsten. Aber ich kann durch meine Finn-Erfahrung auch gut steuern“, sagt Phillip Kasüske. Die Yacht kennt er inzwischen sehr genau: „Ich habe einige Überführungsfahrten gemacht, bin das Fastnet Race mitgesegelt, habe viele Leinen an Bord gespleißt und eingeführt. Ich habe schon das Gefühl, eine Einheit mit ,Einstein’ geworden zu sein.“

Das The Ocean Race Europe wird die bisher härteste Offshore-Prüfung für Phillip Kasüske. Doch unerfahren ist er auf der Hochsee nicht mehr. Robert Stanjek sprach ihn ehemals im Landeskader an, nahm ihn beim Hochsee-Rennen von Cowes nach St. Malo mit an Bord der „Shakti“ und ließ ihn dort die Großschot führen. Neben dem Fastnet Race 2019 segelte Kasüske auch an Bord der „Intermezzo“ von OTG-Teammanger Jens Kuphal. „Ich habe diese Einsätze immer als wichtige Ergänzung für den Finn und damit meine weitere Karriere gesehen. Dazu zählt auch meine Teilnahme am Youth America’s Cup, In anderen Ländern ist so etwas üblich. In Deutschland gilt die Förderung der Leistungssegler dagegen nur dem olympischen Sport.“

Neben seinem Studium des Logistik-Management hat Phillip Kasüske die professionelle Segelkarriere im Blick. „Ich würde liebend gern auch im America’s Cup segeln. Aber dafür gibt es hier kaum Strukturen. Nach und nach komme ich dahinter, welche Möglichkeiten sich hier ergeben. Es ist cool, dass sich für mich beim OTG die Tür geöffnet hat. Aktuell ist das eine der ganz seltenen Gelegenheiten in Deutschland.“

Für das The Ocean Race Europe sieht sich Kasüske in der Position, viele Erfahrungen zu sammeln, aber auch seinen Input zu liefern: „Wir müssen es schaffen, ein homogenes Team zu bildern, aufeinander zu achten und uns aufeinander verlassen zu können. Gerade was es heißt, sich seine Energien richtig einzuteilen und auch immer wieder Energien zuzuführen, habe ich im olympischen Segelsport gelernt. Auch wenn es der Wechsel vom Sprint zum Marathon ist, nehme ich das als eine meiner Aufgaben neben der Arbeit am Grinder und an der Pinne an. Aber ich lasse es auf mich zukommen und möchte an der Erfahrung wachsen.“

In den Trainingsphasen, so Phillip Kasüske, ging es darum, immer wieder die Manöver zu üben: „Wenden, Halsen, Segelwechsel. Wir haben da schon eine gute Struktur, aber noch gibt es kein blindes Verständnis. Der Lernprozess wird auch noch im Rennen fortgesetzt. Das muss sich durch intensive Arbeit einschleifen.“ Gemeinsam mit Annie Lush agiert Phillip Kasüske vor allem aus dem Cockpit heraus, um am Grinder Druck auf die Fallen und Schoten zu bringen.

Freundin Chiara Steinmüller, ehemals selbst deutsche Spitzenseglerin im Laser Radial und Trainerin in Berlin, begleitet gern das Abenteuer von Phillip Kasüske: „Sie gibt mir den Raum und die Freiheiten, damit ich diese tolle Chance wahrnehmen kann.“

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