Morten Bogacki stürmt das Podium

Trauminsel, Traumrennen, Traumergebnis: Morten Bogacki hat auf der zweiten Etappe des Mini Transat das Podium gestürmt. Fast exakt 14 Tage nach dem Start vor Gran Canaria erreichte der 33-jährige Solosegler heute um 19.59 Uhr (UTC) Le Marin auf der Karibik-Insel Martinique und lieferte damit bei seiner Transatlantik-Premiere eine Meisterleistung ab. Auf seinem Mini 6.50 „Lilienthal“ des Offshore Team Germany hatte sich Bogacki nach einem strategisch ausgeklügelten Rennen am Donnerstag in der Wertung der Proto-Yachten auf den dritten Platz geschoben und diesen souverän bis zur Zielankunft verteidigt.

Morten Bogacki krönte mit seiner Leistung auf der zweiten Etappe ein dramatisches Rennen, das er nur durch ungeheure Willenskraft, Improvisationskunst und intensive Arbeit an der Bordtechnik überhaupt beenden konnte. Denn auf der ersten Etappe von La Rochelle/Frankreich nach Las Palmas auf Gran Canaria musste der Kieler den gebrochenen Traveller reparieren und den Ausfall beider Autopiloten durch fünf Tage fast ohne Schlaf kompensieren. Während die Konkurrenz in der Rennpause auf der Kanareninsel regenerieren konnte, machte der OTG-Skipper „Lilienthal“ durch den Austausch der Autopiloten und Bootsreparaturen wieder fit für die zweite Etappe und wurde schließlich mit einem starken Resultat belohnt.

Ein Blitzstart in die zweite Etappe mit einem schnellen Schlag nach Westen führte Bogacki kurzzeitig sogar auf den ersten Platz der Konkurrenz aus 22 Proto-Yachten, die durch französische Profis dominiert wird. Doch die südliche Route, die das Gros der Flotte gewählt hatte, erwies sich als schnellere Variante. Bis auf Rang acht rutschte der einzige Deutsche im Feld zurück, setzte dann auf eine konservative Taktik und das Leistungspotenzial von „Lilienthal“. Immer nah am direkten Kurs, ohne weite Ausflüge nach Norden oder Süden, arbeitete sich Bogacki durch das Feld.

Mit einem perfekten Start ging Morten Bogacki auf „Lilienthal“ in die zweite Etappe und landete schließlich auf dem dritten Platz. Foto: Breschi/Mini Transat

Mit achterlichen Winden, die fast über die gesamten 2700 Seemeilen eine Fahrt unter Gennaker ermöglichten, fanden Skipper und Boot immer besser zusammen, segelten die entscheidenden Zehntel-Knoten schneller als die Konkurrenz und kletterten so im Ranking kontinuierlich nach oben. Die absolute Spitze mit Sieger Francois Jambou und dem zweitplatzierten Axel Trehin war zwar nicht zu gefährden, aber gegen die zwischenzeitlich weit enteilten Erwan Le Mene und Tanguy Bouroullec eröffnete Bogacki Anfang der zweiten Rennwoche den Kampf um das Podium.

Bouroullec, der als einziger Foiler-Mini im Feld durch die Technik seiner Flügel gehandicapt schien, und Le Mene, der einen südlichen Kurs gewählt hatte, konnten schließlich den Angriff des Mini-Transat-Debütanten nicht mehr abwehren. In der Nacht zum Donnerstag zog Bogacki an den beiden Franzosen vorbei – ohne es indes selbst realisieren zu können. Denn während die Fangemeinde das Geschehen auf dem Tracker verfolgen konnte, haben die Segler auf den 6,50 Meter langen Mini-Yachten diese Technik nicht. Unabhängig davon setzte der Segler des Kieler und Düsseldorfer YC seine erfolgreiche Strategie mit einem mittleren Kurs fort und baute den Abstand auf Le Mene zwischenzeitlich auf fast 30 Meilen und auf Bouroullec auf rund 40 Meilen aus.

Auch der karibische Schwachwind-Gürtel rund um die Ziel-Insel konnte Bogacki nicht mehr stoppen. Stets hielt er sich zwischen den Konkurrenten und dem Ziel, passierte schließlich nach 14 Tagen, 5 Stunden, 26 Minuten und 24 Sekunden das Ziel. Mit Platz drei in dieser Etappe wird Bogacki auch in der Gesamtwertung nach oben klettern. Als Elfter hatte er Las Palmas erreicht. Wieviele Plätze er gut machen wird, hängt von der Ankunft der Konkurrenz ab, da die Zeiten beider Etappen addiert werden.

Während der erfolgreiche Transatlantik-Segler in Le Marin noch mitten in der Willkommenszeremonie der Veranstalter steckte und sich auf seine wartende Familie freute, sandte Jens Kuphal, Team-Manager des Offshore Team Germany, Glückwünsche über den Atlantik. Er hatte gebannt am Computer die Schlussphase des Rennens seines Schützlings mitverfolgt: „Das gesamte Team hat in den letzten Tagen mitgefiebert und zieht den Hut vor Mortens Leistung. Nach den Erfahrungen und der Energieleistung der ersten Etappe so zurückzukommen, ist unglaublich stark. Morten musste sicherlich erst wieder Vertrauen zum Boot finden, und man konnte sehen, wie er im Laufe des Rennens das Potenzial von ‚Lilienthal‘ immer besser abrufen konnte“, sagte Kuphal und ergänzte: „Für das Offshore Team Germany und ‚Lilienthal‘ ist es bei der zweiten Teilnahme der zweite große Erfolg beim Mini Transat, nachdem wir mit Jörg Riechers vor zwei Jahren auf Rang zwei gelandet sind.“

Die Leistung von Bogacki zeige, so Kuphal, dass das OTG auf den richtigen Mann gesetzt habe, als man dem 33-jährigen Arzt den Proto ‚Lilienthal‘ vor dieser Saison für das Mini Transat anvertraute. „Wir haben den Generationenwechsel erfolgreich vollzogen und nach langer Zeit ein neues deutsches Gesicht auf der internationale Offshore Bühne präsentiert. Mit Morten haben wir nicht nur ein potenzielles deutsches Crewmitglied fürs ‚The Ocen Race‘, sondern auch einen starken Skipper für die künftige Olympia-Disziplin Offshore Mixed Doublehand in unseren Reihen, der zum jetzigen Zeitpunkt in seiner Altergruppe sicher über die größte Erfahrung in Deutschland für diese neue Disziplin verfügt.“

Mit diesem erfolgreichen Transatlantikrennen geht für das OTG eine intensive Saison zu Ende, die sicherlich auch der gesamten Kampagne einen weiteren Schub geben wird. „Ab jetzt steht nun wieder die Vorbereitung zur Teilnahme am nächsten Ocean Race 2021 auf unserem Imoca Open 60 ‚Einstein‘ im Mittelpunkt“, so Kuphal weiter. Für Morten Bogacki heißt es dagegen erst einmal: Feiern, entspannen – und in den kommenden Stunden und Tagen realisieren, was er geleistet hat.

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