Windpoker im Mittelmeer

Die dritte und abschließende Etappe des The Ocean Race Europe geht in finale Phase, und das Offshore Team Germany hält noch die Führung in der Klasse der fünf Imocas. 120 Seemeilen vor dem Zielort Genua/Italien beträgt der Abstand zur Verfolgerflotte rund 65 Seemeilen. Nachdem die deutsche „Einstein“ bei der Passage der Balearen das richtige Windfeld gefunden hat, holen die anderen Crews nun aber auf. Der Windpoker bis zum Ziel bleibt also offen.

Mit dem Start der Etappe in Alicante war es klar, dass die beiden Flotten der VO65 und der Imocas in ein schwieriges Rennen gehen würde. Und die Windprognose mit vorhergesagten Schwachwinden und ausgeprägten Hochdruckzonen im Mittelmeer sollte Recht behalten. Die Wahl der richtigen Route war daher bis zu diesem Zeitpunkt entscheidend. Und das OTG hat in ihrem Franzosen Benjamin Dutreux einen starken Navigator. Anders als die Imoca-Konkurrenz wählte die OTG-Crew von Skipper Robert Stanjek die Nordvariante dicht an der spanischen Küste. Das zahlte sich aus. „Für uns war es eindeutig, dass wir nach der Rundung der Wegmarke vor Alicante den Weg unter der Küste suchen würde“, begründete Stanjek den Schlag vom Feld weg, kurz nachdem die Flotte auf die 600-Meilen-Strecke geschickt wurde. Unter den Imocas blieb „Einstein“ allein im Norden.

Sowohl „LinkedOut“ (Frankreich) als auch „11th Hour Racing“ (USA), die mit dem OTG in der Gesamtwertung punktgleich an der Spitze liegen, mussten im Süden der Balearen mit ansehen, wie sich der Vorsprung der deutschen Kampagne in der dritten Nacht auf bis zu 100 Seemeilen ausdehnte. Auch „Bureau Vallée“ und „Corum L’Épargne“ saßen an dem Mittelmeer-Archipel fest.

Entsprechend gutgelaunt war die Stimmung – wohlwissend, dass bis zum Ziel noch viel passieren kann. „Wir sind sehr glücklich an Bord, haben eine gute Brise und segeln in die richtige Richtung. Und wir pushen weiter bis zum Ziel“, so Grinder Phillip Kasüske. Für die Weltumsegelungs-erfahrene Annie Lush ist das Rennen abseits der Flotte eine gute Möglichkeit, um die Lernkurve weiter nach oben zu treiben: „Wir genießen es und lernen mehr über ‚Einstein‘. Wir freuen uns über den Wind und jeden Meile, die wir näher an Genua herankommen. Wir pushen ‚Einstein‘ rund um die Uhr so sehr wir können.“

Die Wanderung auf dem schmalen Grat ist Skipper Robert Stanjek sehr bewusst: „Wir fahren unser komplett eigenes Rennen – immer wach und fokussiert. Es gibt noch einige schwierige Phasen, die wir zu überstehen haben, und die Verfolger sind in einem komplett anderen Windsystem. Wir hoffen, dass es gut ausgeht.“ Auch Navigator Benjamin Dutreux bleibt wachsam: „Bisher bin ich glücklich, wir haben eine solide Führung. Aber im Mittelmeer ist es immer schwierig, und es ist niemals vorbei, bevor es vorbei ist.“

Ein Etappen-Sieg in Genua würde das OTG allein an die Spitze des Feldes bringen und schon einen Podiumsplatz im The Ocean Race Europe sichern. Die Entscheidung über den Gesamtsieg fällt aber erst im abschließenden Coastal Race.

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