Trauriger Abschied vom The Ocean Race

Für das GUYOT environnement – Team Europe scheint das The Ocean Race eine endlose Geschichte des Pechs zu sein. Bisher ist das Team um Skipper Benjamin Dutreux nach den Rückschlägen immer wieder aufgestanden. Doch nach dem verschuldeten Crash zum Start der siebten Etappe mit dem 11th Hour Racing Team muss die europäische Kampagne bekanntgeben, dass sie das Abenteuer dieses Weltrennens beendet. Sportlich hatte sich das Team bereits von der Etappe zurückgezogen. Nun sind die provisorischen Reparaturarbeiten an der Bugsektion der Yacht soweit abgeschlossen, dass das Boot nach Les Sables d’Olonne in die Eole Performance shipyard, der Werft von Benjamin Dutreux, überführt wird. Zum Zielort nach Genua wird die Yacht nicht mehr gesegelt. Gleichwohl wird eine Delegation des GUYOT environnement – Team Europe aus Seglern und Teamführung nach Genua reisen, um den Siegern und Platzierten des The Ocean Race seinen Respekt zu zeigen und gemeinsam den Abschluss der 14. Auflage des Weltrennens zu feiern.

Skipper Benjamin Dutreux, der nach dem Crash untröstlich war und unter Tränen den Schaden an der Yacht vom 11th Hour Racing Team in Augenschein nahm, richtet nun den Blick wieder nach vorn und erklärt, wie es auf Seiten seines Teams weitergeht: „Die nächsten Schritte werden sein, das Boot nach Hause zu bringen und zu checken, was wir tun müssen. Der Bug ist immer noch ziemlich beschädigt, es wird also viel Arbeit geben. Im Moment geht es darum, rechtzeitig und vor allem bei guten Bedingungen zum Transat Jaques Vabre zu kommen. Ich denke, wir haben aus diesem Rennen viel gelernt, was uns in Zukunft sicher helfen wird. Jetzt müssen wir nur noch nach Hause kommen, ein wenig zur Ruhe kommen und das Boot zum Transatlantikrennen vorzubereiten.“ Trotz all der Arbeit nach Genua zu reisen, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit: „Ja, natürlich hoffe ich, dass wir gemeinsam mit dem gesamten Team nach Genua fahren können. Ich denke, es ist an der Zeit, diese Ausgabe zu einem würdigen Abschluss zu bringen.“

Nach dem Schreck schickt das Team einen letzten Gruß aus Den Haag. Foto: GUYOT environnement – Team Europe

Thomas Cardrin, Chef des Tech-Teams gibt derweil detaillierten Einblick, in die Schäden der Yacht: „Der Bugspriet ist in der Mitte durchgebrochen. Wir haben ihn abgenommen und die scharfen Karbonkanten an der Bruchstelle abgeschliffen. Der schwerste Schaden aber betrifft den Bug. Wir haben ein großes Loch im Rumpf, in einem Bereich, der unterschiedlich aufgebaut ist – einige mit, einige ohne Schaumkern. Daher mussten wir den größten Part der Carbon-Haut abtragen, die wir mit sechs Lagen wieder aufgebaut haben. Jetzt arbeiten wir daran, den Kern von innen aufzulegen und die Außen- und Innenschicht zu verbinden. Die Arbeiten sollen für eine sichere Überfahrt sorgen.“

Zurück im Heimathafen warten weitere Arbeiten: „Wenn wir zurück in Les Sables d’Olonne sind, müssen wir mit dem Konstrukteur besprechen, wie wir den Bug am besten reparieren können, sicherstellen, dass wir es nicht zu schweres machen und sehen, ob wir einen komplett neuen Bug bauen müssen.“ Die Arbeiten werden wohl den gesamten Sommer andauern.

June, 2023, TOR, The Ocean Race, onboard, 2022-23, GUYOT environnement - Team Europe, IMOCA, delivery, Sables d’Olonne, dolphin, Nature, wildlife, bow
Mit gerupfter Bugsektion geht es zurück nach Les Sables d’Olonne. Foto: GUYOT environnement – Team Europe

Damit ist es nicht möglich, die Yacht nach Genua zu segeln, ohne die Teilnahme an künftigen Herausforderungen zu gefährden. Das GUYOT environnement – Team Europe muss sich damit aus dem Rennen verabschieden, dem es sich seit fünf Monaten mit größtem Engagement und viel Herzblut verschrieben hat.

Mit der ersten Etappe waren Segel- und Shorecrew aber von technischen Problemen und Schäden betroffen. Auf der ersten Etappe brachen zwei Latten im Großsegel, zudem gab es Risse im Segeltuch. Auf dem Weg von Cabo Verde nach Kapstadt riss der Gennaker und bremste die Mannschaft in guter Position liegend aus. Eine kapitale Delamination des Rumpfes im Southern Ocean zwang das Team zur Aufgabe der Königsetappe rund um die Antarktis und der Rückkehr nach Kapstadt. Der Kampfgeist des GUYOT environnement – Team Europe blieb aber ungebrochen. Und nach intensiver Arbeit in Südafrika und der Überführung der Yacht nach Brasilien gelang der Wiedereinstieg zum Start der vierten Etappe in Itajaí/Brasilien. Doch das Hochgefühl hielt nicht lang. Erst warf ein Schaden des Foil-Downropes die Mannschaft zurück, und in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai schien die Kampagne ganz am Boden, als im Sturm vor der nordamerikanischen Küste der Mast brach.

Doch erneut stand das Team auf, überführte die Yacht per Frachter von Halifax/Kanada nach Hamburg/Deutschland, um schließlich in einem sechstägigen Kraftakt die kapitalen Schäden an Rumpf, Foils und Ruder zu reparieren sowie den neuen Mast zu stellen. Es glich einem Wunder, dass die schwarze Yacht zur sechsten Etappe in Aarhus/Dänemark wieder am Start war. Das Comeback schien perfekt, als schließlich in Den Haag mit dem Sieg im Inport-Race der erste große Erfolg beim The Ocean Race gelang. Doch nur zwei Tage später pulverisierte die Kollision mit dem 11th Hour Racing Team alle weiteren Hoffnungen.

Diesmal muss das GUYOT environnement – Team Europe sportlich Abschied nehmen von dem Rennen. Das Abenteuer The Ocean Race endet, wenn am Sonntagmorgen um 6.30 Uhr die Überführungscrew mit Benjamin Dutreux, Charles Drapeau und Tristan Estèves Den Haag in Richtung Les Sables d’Olonne verlässt.

Nach oben scrollen