Wo ist der Silberstreif?

Der Äquator ist überquert, die Doldrums sind durchsegelt, doch die Verfolgung der Konkurrenz ist eine schwere Aufgabe. Für das GUYOT environnement – Team Europe hat sich der Rückstand, der aus der stundenlangen Reparatur am Foil-System resultierte, auf der vierten Etappe des The Ocean Race auf knapp unter 300 Seemeilen summiert. Nun gilt es, auf eine Chance zu warten, und die Stimmung hochzuhalten. Da kam die Äquator-Taufe von Onboard-Reporter Gauthier Lebec gerade recht. Das Team mit Skipper Benjamin Dutreux, Robert Stanjek, Annie Lush und Sébastien Simon zelebrierte den Moment, als das jüngste Crewmitglied erstmals den Äquator auf dem Seeweg überquerte.

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OBR Gauthier Lebec erhielt mit einem eigenwilligen Haarschnitt seine Äquator-Taufe. Foto: Guyot environnement – Team Europe

Der Tribut, den Neptun von Gauthier Lebec forderte, war groß. Der 29-Jährige musste zusehen, wie eine mächtige Strähne seiner Haarpracht an das Meer übergeben wurde. Benjamin Dutreux hatte die Aufgabe übernommen, den Onboard-Reporter zu frisieren, nachdem die ganze Crew ihn zuvor mental auf den Moment vorbereitet hatte. Lebec kommentierte den Verlust seiner Haare mit Galgenhumor: „Ich fühle mich leichter. Zum Glück haben wir auf dem Imoca keinen Spiegel, so kann ich mich nicht selbst sehen.“ Die Crew versicherte ihm, dass er gut aussehen würde. Neben der Zeremonie genoss die Mannschaft, die Sonnenauf- und -untergänge in den Tropenregionen.

Die Suche nach den sportlichen Silberstreifen am Horizont gestaltet sich indes schwieriger. Nachdem sich der Rückstand zunächst etwas reduzierte, als die anderen Teams in die Doldrums eintauchten, schwoll er schnell wieder an, als das GUYOT environnement – Team Europe rund um den Äquator ausgebremst wurde, während die anderen Boote bereits wieder die Passatwinde erreicht hatte. Zwar war der Flautengürtel nur gering ausgeprägt, doch die Konkurrenz flog davon.

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Die Crew um Robert Stanjek arbeitet daran, den kontakt zur Flotte wieder herzustellen. Foto: Gauthier Lebec

„Keines der Boote ist richtig eingestoppt. Es war alles relativ moderat. Wir hatten nur einmal einen Aussetzer, als wir unter einer großen Wolke zwei Kringel gedreht haben. Aber ansonsten sind wir gut mit 6 bis 8 Knoten Wind raumschots durch die Doldrums durch“, berichtete Co-Skipper Robert Stanjek. Der Blick auf die Wetterdaten gibt dem Team allerdings wenige taktische Optionen für die kommenden rund 1000 Seemeilen: „In den nächsten Tagen ist der Kurs relativ klar. Nach den Doldrums haben wir die Passatwinde und fahren bis zum Azoren-Hoch, wo wir eine Halse setzen“, erklärte Navigator Sébastien Simon. Erst wenn es zur Ansteuerung auf den Zielhafen Newport kommt, kündigt sich wechselhafte Wind an. Aber die Prognose dafür ist noch zu früh.

So bleibt der Mannschaft nichts anderes übrig, als die Yacht ständig auf High-Performance zu überprüfen. Dazu zählt, die Foils, Ruder und die Hydro-Generatoren ständig von Seegras zu befreien und die Segelgarderobe auf den Wind anzupassen. Mit den zunehmenden Winden waren daher zahlreiche Wechsel der Vorsegel und damit viel Arbeit auf dem Vorschiff verbunden.

Skipper Benjamin Dutreux schob sich derweil in den Kasten für das Foil hinein, um zu checken, ob nach der Reparatur alles in Ordnung ist mit dem Foil-Seil. Zudem geht es darum, den Grund für den Schaden noch näher zu ergründen.

Noch liegt etwa die Hälfte der vierten Etappe vor den vier Mannschaften, und das GUYOT environnement – Team Europe setzte alles daran, den Moment zu erwischen, wenn sich eine Chance bietet, den Rückstand zu verkürzen.

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